Dein Kulturreisejournal

Jean Cocteau und die Côte d´Azur

Von lodernden Flammen und tätowierten Villen

von Matthias Ciemienga

Die Côte d´Azur ist ein Sehnsuchtsort, der seit jeher Künstler anlockt. Auch Jean Cocteau hat vor der traumhaften Kulisse am Mittelmeer seine Bühne gefunden. Auf den Spuren des Universalkünstlers locken Architektur, Landschaft und natürlich ein breites Spektrum seiner Kunst an verschiedenen Orten entlang der Küste.

Viele Wege, eine Liebe
Dichter, Schriftsteller, Maler und Filmemacher – Jean Cocteau hat viele künstlerische Pfade beschritten. Aber ein Weg führte ihn immer an dasselbe Ziel: die Côte d´Azur. Eine Fischerkapelle in Villefranche-sur-Mer, das Theater von Cap d’Ail oder das Rathaus von Menton tragen hier seine Signatur. Zudem bewahren zwei Museen und eine private Villa sein künstlerisches Vermächtnis und warten darauf, erkundet zu werden.

Chapelle Cocteau
Von Cocteau gestaltete Kapelle © CRT / Georges Veran

„Die meisten Menschen leben in den Ruinen ihrer Gewohnheiten“ – dieser selbstformulierten Ansicht wollte sich Cocteau nicht beugen, denn selbst die Schönheit der Côte d´Azur ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Seit 1950 verbrachte er dreizehn Jahre lang sechs Monate des Jahres in einer Villa am Cap Ferrat. Während dieser Zeit verzierte er das Haus seiner Freundin und Mäzenin Francine Weisweiller mit eindrucksvollen Fresken. Das denkmalgeschützte Gebäude war der Öffentlichkeit lange Zeit nicht zugänglich. Seit kurzem kann man die Villa besichtigen – und es lohnt sich.

Tätowierte Villa
Die Straße zur Villa Santo Sospir verläuft zwischen dem Leuchtturm und den steil ins Meer abfallenden Felsen des Cap Ferrat. Wer sich auf diese Halbinsel zwischen Nizza und Monaco begibt, blickt von dort auf ein einzigartiges Panorama – zwischen blauem Himmel und dem Glanz des Mittelmeeres legen sich hier Cannes, Antibes und die pittoreske Kleinstadt Villefranche-sur-Mer zu Füßen. Die herrschaftliche Lage der Villa sollte Cocteau Erholung und Inspiration verschaffen.
Schon bald jedoch weckt die Eintönigkeit der schweigenden Wände seinen schöpferischen Eifer. Im Sommer 1950 beginnt Cocteau, Wände, Decken und Kamin zu bemalen, um dem Gebäude eine Seele einzuhauchen.

Villa Santo Sospir
Villa Santo Sospir © Wikipedia / DinaSigtrix

Cocteau ging es allerdings nicht darum, die Wände zu verkleiden. Vielmehr wollte er auf ihrer Haut zeichnen – die Fresken mit ihren klaren Linien und dezenten Farben wirken tatsächlich wie Tätowierungen. Der Meister selbst sagte: „Santo Sospir ist eine tätowierte Villa.“ Die Themen der Fresken bedienen sich bei der Mythologie, bei Renoir und bei der örtlichen Kultur. Und wenn sich die Entdeckung der Werke im Inneren dem Ende zuneigt, bleibt noch der Zauber des Ortes: Mosaiken im Vorhof, die Pflanzen des Gartens und natürlich die Aussicht auf Meer und Küste.

Ein Museum in Flammen
An jener Küste erstrahlt seit November 2011 ein besonderes architektonisches Glanzstück, das neue Jean Cocteau-Museum. An der Uferpromenade von Menton präsentiert sich ein Gebäude, dessen äußere Kanten gespalten sind und an brennende Flammen erinnern. Besonders durch den Blick von oben offenbart sich die Wirkung des Gebäudes. Das Museum wirkt spielerisch, fließend und exzentrisch, so wie Cocteau seinerzeit selbst.

Cocteau-Museum in Menton
Neues Cocteau-Museum in Menton © Jean-Pierre Dalbéra, CC BY 2.0

Im Inneren erwarten den Besucher mehr als 1100 Werke. Zeichnungen, Manuskripte, Gemälde, Film- und Theaterarbeiten – das Museum kann sich rühmen, die größte Cocteau-Sammlung zu besitzen. Die Kollektion ist eine Schenkung des Kunstliebhabers Severin Wunderman. Unter der Voraussetzung, für die Sammlung ein eigenes Museum zu bauen, überließ er der Stadt Menton seine umfangreiche Privatsammlung, die neben Werken Cocteaus auch Arbeiten von Modigliani, De Chirico und Miró enthält.

Wer dann noch immer nicht genug hat, kann sich auf den Weg zur Bastion in Menton machen. Das Bollwerk aus dem 17. Jahrhundert wurde von Cocteau selbst restauriert und umgestaltet. Er zeichnete Mosaiken und entwarf die schmiedeeisernen Vitrinen, in denen seine Keramiken ausgestellt werden. Hier schuf er sich in seinem letzten Werk sein eigenes Denkmal.

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Unsere Literaturempfehlung:
CÔTE D’AZUR – Der Reiseführer von Ralf Nestmeyer
Egal, ob Picasso, Brigitte Bardot, Grace Kelly oder Jean Cocteau – die Côte d’Azur, einer der vielseitigsten Landstriche Europas, hat fast alle Berühmtheiten der Welt fasziniert. Superlative, wohin man blickt: Nizza besitzt die berühmteste Promenade der Welt, Cannes das berauschendste Filmfestival, Monaco die bekannteste Spielbank, und im alten Hafen von Saint-Tropez liegen die schönsten Yachten vor Anker.
Selbstverständlich fehlen in Ralf Nestmeyers Reiseführer weder Gebirgswanderungen zu einsamen Bergseen oder zu den Felszeichnungen im Vallée des Merveilles noch eine Strandwanderung rund um die berühmte Halbinsel von Saint-Tropez.