Dein Kulturreisejournal

Alte Reichsstadt Nürnberg

Kaiserburg und mittelalterlicher Stadtkern

von Anika Batschi

Schon aus der Ferne ist die mittelalterliche Kaiserburg nicht zu übersehen, die sich über Nürnbergs Altstadt erhebt. Sie steht bis heute für die große Bedeutung der Stadt als Herrscherresidenz des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Ein Spaziergang lädt dazu ein, die Burg und weitere historische Bauwerke zu entdecken und Geschichte zu erleben.

Blick auf die Burg von Südwesten
Blick auf die Burg von Südwesten © Wikimedia / DALIBRI / Lizenz: CC 3.0

Nürnbergs Zentrum verfügt über zahlreiche Sehenswürdigkeiten, die an die Blütezeit der Stadt im Mittelalter erinnern und größtenteils ursprünglich aus dieser Zeit stammten. Die meisten der Bauten konnten nach den schweren Bombenangriffen auf Nürnberg im Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut werden, bei denen mehr als 90 Prozent der Altstadt zerstört wurden. Im Rahmen eines ein- bis eineinhalbstündigen Spaziergangs können Besucher selbstständig die Route der „Historischen Meile“ laufen, die anlässlich des 950. Geburtstags der ehemaligen Freien Reichsstadt im Jahr 2000 entworfen wurde. Zu diesem Zweck stehen Schilder an den insgesamt 35 Stationen, die einen kurzen Überblick geben und den Rundgang weisen.

Neben der etwa fünf Kilometer langen Stadtmauer gehören mehrere Kirchen zu den Baudenkmälern. Darunter sind die Sebalduskirche und die gotische Lorenzkirche, Nürnbergs Hauptkirchen. Sie stehen in den zwei verschiedenen Teilen der Altstadt, die durch den Lauf der Pegnitz in die nördliche Sebalder Stadtseite und die südliche Lorenzer Stadtseite unterteilt wird. Auch der Hauptmarkt, auf dem im Dezember der berühmte Christkindlesmarkt stattfindet, ist als Stadtzentrum Teil des Rundgangs. Die mittelalterlichen Bauten am Unschlittplatz gehören zu den wenigen original erhaltenen, unter ihnen das „Unschlitthaus“. 1491 wurde es als Kornspeicher errichtet. In der Weißgerbergasse haben über 20 Fachwerkhäuser aus dieser Zeit die Bombenangriffe unbeschadet überstanden.

Handwerker-Häuser in der Weißgerbergasse
Handwerker-Häuser in der Weißgerbergasse © Wikimedia / Benreis / Lizenz: CC 3.0

Pfalz im Heiligen Römischen Reich
Die für die gesamte Stadtentwicklung bedeutsame Burg ist bis heute das wichtigste Wahrzeichen und ebenfalls Station der „Historischen Meile“. Im Jahr 1050 erwähnte Kaiser Heinrich III. Nürnberg erstmals urkundlich, die Burg fand in den historischen Quellen 1105 eine erste Nennung. Sie wurde von den Staufern auf den Fundamenten früherer Bauwerke aus der Zeit der Salier errichtet. Die Lage auf einem Sandsteinfelsen hoch über der Stadt und nahe der Pegnitz bot die besten Voraussetzungen für eine derartige Festung. Die Burganlage bestand durch verschiedene Bauetappen bedingt aus drei Komplexen, die man noch immer ausmachen kann: Neben der eigentlichen Kaiserburg aus der Burggrafenburg und späteren reichsstädtischen Bauten.

Luftaufnahme der Kaiserburg
Luftaufnahme der Kaiserburg © Wikimedia / Hajo Dietz / Lizenz: CC 3.0

Der erste Bau war die Burggrafenburg, in der ein Burggraf das Reichsgut verwaltete und über die Ordnung wachte. Nach den von Raabs aus Niederösterreich übernahmen die Grafen aus dem Haus Hohenzollern diese Aufgabe, bis die Burg 1420 durch bayerische Truppen größtenteils zerstört wurde. Einige Jahre später verkaufte der letzte Burggraf die Überreste des Bauwerks an die Stadt Nürnberg. Bereits Mitte des 12. Jahrhunderts entstand daneben eine zweite Burg als Pfalz, also als Wohn- und Regierungssitz des Herrschers. Seitdem residierten in der Kaiserburg bis 1571 alle Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reiches zeitweise. Da die Herrschenden im Mittelalter nicht von einem Ort aus regierten, sondern umherreisten, existierten zahlreiche dieser Pfalzen im gesamten Reich.

Kapelle
Kapelle mit Durchbruch zum unteren Teil © Wikimedia / MatthiasKabel / CC 3.0

Glanzzeit im Mittelalter
Nürnberg, 1219 zur Freien Reichsstadt ernannt, entwickelte sich zu einer der größten und bedeutendsten Städte des Heiligen Römischen Reiches. Kaiser Karl IV. erließ hier 1356 die „Goldene Bulle“, das wichtigste Verfassungsdokument. Dies besagte unter anderem, dass jeder Kaiser seinen ersten Reichstag in Nürnberg abhalten sollte. Über 350 Jahre lang wurden außerdem die Reichsinsignien im Heilig-Geist-Spital in der heutigen Innenstadt verwahrt – die symbolischen Herrschaftszeichen der Kaiser und Könige wie Krone und Zepter.

Bis ins 17. Jahrhundert baute die Stadt die Burganlage immer weiter aus und errichtete im Zuge der modernisierten Stadtbefestigung ab 1538 mächtige Bastionen, die auch Angriffen mit Feuerwaffen standhielten. Bis zu dieser Zeit war die Burg von großer militärischer Bedeutung: Durch sie konnte man alle feindlichen Eroberungsversuche erfolgreich abwehren und die Stadt gut verteidigen.

Die Silhouette der Kaiserburg präsentiert sich heute so wie damals, doch viele Bauten der Anlage mussten nach den gravierenden Kriegsschäden rekonstruiert werden. Wichtige Elemente wie die Kaiserkapelle mit ihrem Chorturm sind allerdings nahezu unversehrt geblieben. Die romanische Doppelkapelle aus dem 12. Jahrhundert gehört zu den ältesten erhaltenen Teilen. Besucher, die den Berg erklommen haben, können die Burg im Rahmen einer Führung besichtigen. Die Außenbereiche beinhalten den Burggarten auf den Bastionen, der – außer im Winter – frei zugänglich ist.

Geschichte erleben
Die Kaiserburg liegt im Westen der Anlage. Man gelangt vom inneren Burghof aus in den Rittersaal, der dem Herrscher im Mittelalter für Empfänge diente. In der Kemenate befindet sich heute das Kaiserburg-Museum. Die Zweigstelle des Germanischen Nationalmuseums stellt historische Waffen und Schutzkonstruktionen aus, die vor allem die Entwicklung der Kampftechniken im Laufe der Zeit verdeutlichen. Vom Palas kommend erreicht man den oberen Teil der beeindruckenden Doppelkapelle. Unter der Decke befindet sich die Herrscherempore, die eine räumliche Trennung des Reichsoberhauptes vom Hofstaat ermöglichte. Durch eine Öffnung im Boden kann man hinab in die baugleiche untere Kapelle schauen, die nicht zu besichtigen ist. An die Kapelle grenzen die herrschaftlichen Gemächer an.

Der Tiefe Brunnen im äußeren Burghof verfügt über einen Schacht, der knapp 50 Meter tief in den Sandsteinfelsen reicht und die Wasserversorgung sicherte. Optisch fällt beim Anblick der Kaiserburg aus der Ferne besonders ihr Bergfried, der sogenannte Sinwellturm, ins Auge. Sein Name leitet sich von dem mittelhochdeutschen Wort „sinwell“ für „rund“ ab. Von der Aussichtsplattform des Wehr- und Wachturms bietet sich ein wunderbarer Ausblick über die Stadt. Auch von der Burgfreiung hat man eine tolle Aussicht über Nürnberg und den Stadtkern. Von der früheren Burggrafenburg sind heute nur noch der Fünfeckturm und die Walpurgiskapelle im Zentrum der Anlage erhalten. Zu den reichsstädtischen Gebäuden im Osten gehören der Turm Luginsland, die Basteien sowie die Kaiserstallung, in der heute eine Jugendherberge eingerichtet ist.

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Zwischen der 1. und der 11. Auflage dieses Reisehandbuches liegen mehr als 20 Jahre, in denen sich im Tourismus und in der Gastronomie unheimlich viel verändert hat. Zwar stand die Burg schon damals, aber das Neue Museum sowie das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände waren nicht mehr als kühne Wunschvorstellungen. Und auch dieser Stadtführer hat sich mehrfach gewandelt und verändert: Als MM-City-Guide beinhaltet er auch Stadtrundgänge und Einkaufstipps.
Aber auch Fürth, »Nürnbergs kleine Schwester«, und Erlangen kommen dabei nicht zu kurz. Zwischen Maxbrücke und Hornschuchpromenade, zwischen Friedrich-Alexander-Universität und Siemens wurde alles Wissenswerte und Informative aufgestöbert.