Dein Kulturreisejournal

Musikstadt Cremona

Eine Stadt voller Geigen

von Annemarie Bischoff

Cremona und der Geigenbau – es gibt wohl kaum einen Winkel der kleinen lombardischen Stadt, an dem diese traditionsreiche Verbindung nicht spürbar ist. Denn bereits seit dem 16. Jahrhundert lebten und arbeiteten zahlreiche Meister in Cremona – wie Antonio Stradivari, Giuseppe Guaneri de Gesù oder Nicola Amati – und auch heute noch wird diese Tradition durch zahlreiche in der Stadt ansässige Werkstätten fortgesetzt. Doch neben dieser „Hauptattraktion“ hat Cremona auch einige andere Aspekte, die es zu entdecken lohnt.

Dom mit Baptisterium
Dom mit Baptisterium © Wikimedia

Cremona gilt allgemein als die „Wiege des Geigenbaus“. Begründet hat diese Tradition Andrea Amati, der die Entwicklung der Geigenfamilie im 16. Jahrhundert stark beeinflusste. In den nächsten Jahrzehnten entstanden unter der Lehrtätigkeit der Amati-Familie viele weitere Werkstätten, unter anderem von Stradivari und Guaneri. Diese sowie viele weitere Aspekte in der Geschichte des Geigenbaus werden in Cremonas neuem „Museo del Violino“ auf anschauliche Weise dargestellt. Dort können berühmte Geigen alter Meister betrachtet und bei frühzeitiger Anmeldung auch angehört werden.

Doch ist der Geigenbau in Cremona nicht nur konservierte Vergangenheit, sondern bestimmt in weiten Teilen auch das alltägliche Leben: Auf einem Spaziergang durch die Stadt eröffnet sich dem Besucher ein „Himmel voller Geigen“, denn auf den Dächern der etwa 130 Werkstätten werden die neu gebauten und lackierten Instrumente zum Trocknen aufgehängt.
Und damit das auch in Zukunft so bleibt, werden in der renommierten Cremoneser Geigenbauschule Auszubildende aus der ganzen Welt unterrichtet. Des Weiteren ist die Stadt Schauplatz zahlreicher Konzerte und Festivals, einer Geigenbaumesse und eines Geigenbauwettbewerbs.

Statue Antonio Stradivaris in Cremona
Statue Antonio Stradivaris in Cremona © Wikimedia / Lohen11 / CC 3.0

Mozart in Cremona
In Anbetracht dieser Musiktradition wundert es nicht, dass auch die Mozarts im Januar 1770 einige Tage in Cremona Station machten. Vater und Sohn übernachteten im Gasthaus „Colombia“, heute ein Privathaus mit Geschäften in der Via Sicardo. Ziel der ersten Italienreise des jungen Wolfgang Amadeus Mozarts war, seine musikalischen Kenntnisse zu erweitern und Kontakte in der damaligen italienischen Kunstszene zu knüpfen. So durfte auch ein Besuch im Teatro Nazari, dem heutigen Teatro Ponchinelli, nicht fehlen, in dem an jenem Abend die Oper „La clemenza di Tito“ von Michelangelo Valentini gegeben wurde. Das Libretto von Pietro Metastasio wurde bis zu 40 Mal von verschiedenen Komponisten vertont und auch Mozart diente es als Vorlage seiner gleichnamigen Oper, die 1791 uraufgeführt wurde.

Sehenswertes in und um Cremona
Neben den Geigenbauwerkstätten und Museen hat Cremona jedoch auch einige architektonische Besonderheiten zu bieten. Erwähnenswert ist hier vor allem die Piazza del Comune: Der sich dort befindende Dom stammt aus dem 12 Jahrhundert; er wurde jedoch im Laufe der Zeit immer wieder umgebaut und erweitert. Mit seinen Ausmaßen, der klar gegliederten Marmorfassade, Backsteintürmchen und schmückenden Elementen sowie einem Freskenzyklus und einer glanzvollen romanischen Krypta im Innenraum ist der Dom durchaus einen Besuch wert. Daneben steht das Wahrzeichen der Stadt: der „Torrazzo“. Hierbei handelt es sich um den mit 111 Metern höchsten freistehenden Glockenturm Italiens, von dessen Spitze aus sich dem Besucher ein wunderbares Panorama über die Stadt und die Poebene eröffnet. Ebenfalls an der Piazza del Comune liegt das achteckige Baptisterium aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, zwei Stadtpaläste sowie das Rathaus.
Neben dem Fünferensemble an der Piazza del Comune befinden sich in der kleinen Altstadt weitere Kirchen und Palazzi, die zur Besichtigung einladen.

Romanische Krypta im Dom
Romanische Krypta im Dom © Harald Kother

Nach der Stadtbesichtigung bietet sich ein Ausflug ins Cremoneser Umland an: Die Poebene südlich der Stadt ist ideal für Fahrradtouren, Spaziergänge oder Bootsfahrten geeignet. Für das leibliche Wohl sorgen die regionalen Spezialitäten, vor allem verschiedene Wurst- und Käsesorten, die in den fruchtbaren Gebieten um Cremona hergestellt werden. Als regionale Süßigkeit gilt der Torrone, eine Art weißer Nugat, dem jedes Jahr im November ein Fest gewidmet ist. Doch auch bei diesem kulinarischen Event ist die „Hauptattraktion“ Cremonas allgegenwärtig: Das Thema der „Festa del Torrone“ im Jahr 2013 lautet: Il respiro del violino – der Atem der Geige.

Torrazzo
Torrazzo © Harald Kother

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