Die Wiege der Reformation
von Kora Thomas
Die „Wiege der Reformation“, als solche kann die Lutherstadt Wittenberg bezeichnet werden. Ganz weit östlich und im Elbtal des Bundeslandes Sachsen-Anhalt gelegen, geht von Wittenberg bis heute eine besondere historische Strahlkraft aus. Die Stadt ist Anlaufpunkt für alle, die sich auf die Spuren Martin Luthers begeben. An ihm kommt man in Wittenberg nicht vorbei.
Mächtig ragen die Türme der Stadt- und Pfarrkirche St. Marien über die angrenzenden Häuserfassaden. Sie prägen die Altstadt Wittenbergs. Mächtig ist auch der historische Wert, der von dieser Kirche ausgeht. Justus Jonas der Ältere hielt in St. Marien 1521 den ersten evangelischen Gottesdienst ab.
Die neue Gesinnung Luthers
Auslöser dafür war der legendäre Thesenanschlag Luthers, der 1517 an anderer Stelle in Wittenberg vollzogen worden sein soll. Ort des Geschehens ist in diesem Zusammenhang die Schlosskirche Allerheiligen des Wittenberger Schlosses, die zu Recht noch heute eine Hauptattraktion der Stadt darstellt und zu den Welterbestätten der Unesco zählt. Der 88 Meter hohe Schlossturm prägt durch seine außergewöhnliche Form die Silhouette der Stadt entscheidend mit. Auf der Innenseite der Turmes befindet sich an der Turmdecke ein Mosaikspruchband mit den Worten eines Kirchenliedes Martin Luthers.
Im Alter von 28 Jahren wird Luther als Professor für Bibelwissenschaften nach Wittenberg berufen. Hier lebt und predigt er im Augustinerkloster der Stadt. Luther beschäftigt sich zu dieser Zeit intensiv mit dem damaligen Umgang zwischen Kirche und Menschen und findet einen ganz neuen Schlüssel zu seinem eigenen Gottesbild. Die Bibel sieht er nunmehr mit anderen Augen. Das führt zu seiner strikten Positionierung gegen den Ablasshandel, mit dem sich Menschen von Sünden freikaufen können. 95 Thesen wenden sich am 31. Oktober 1517 ganz massiv gegen den von der Kirche betriebenen Handel, in dem Luther nichts weiter als ein böses Geschäft mit dem Glauben der Menschen sieht. Rasant verbreiten sich Luthers Thesen und sorgen 1521 für die Verhörung Luthers als Ketzer beim Reichstag zu Worms.
Zurück in Wittenberg
Nach dem Verhör und seinem rettenden Aufenthalt auf der Wartburg kehrt Luther 1522 nach Wittenberg zurück. Dort lernt er die Nonne Katharina von Bora kennen und lieben. Er lehnt den Zölibat ab, heiratet sie und verbringt zusammen mit ihr und den gemeinsamen sechs Kindern unter dem Schutz des Landesherrn glückliche Jahre in Wittenberg. Sein Wohnhaus ist heute als Lutherhaus in der Collegienstraße zu besichtigen.
Nach seinem Tod in Eisleben 1546 wird Luther in der Schlosskirche zu Wittenberg begraben. Kaiser Karl V. rät man ein Jahr nach Luthers Tod, den Leichnam verbrennen zu lassen. Mit den legendären Worten: „Ich führe mit den Lebenden und nicht mit den Toten Krieg“, soll Karl V. abgelehnt haben und ist damit verantwortlich dafür, dass die Schlosskirche zu Wittenberg bis heute als Pilgerstätte für viele gläubige Protestanten dient.
Lucas Cranach der Ältere
Neben den zahlreichen Bauten, die durch Luthers Leben und Wirken in Wittenberg eine besondere Bedeutung erhalten haben, ist das Renaissance-Rathaus auf dem großzügig angelegten Marktplatz einen Besuch wert.
Die Cranachhöfe sind als beeindruckendes Dokument vom Leben Lucas Cranach des Älteren und seinen Nachkommen zu besichtigen. Etwa 40 Jahre lebte der bedeutende Maler und Grafiker in Wittenberg und galt als einer der angesehensten und reichsten Bürger der Stadt. Mehrmals bekleidete er das Amt des Bürgermeisters. Als Hofmaler des sächsischen Kurfürsten Friedrichs des Weisen, der auch Luther unterstützte, verband Cranach und Luther eine enge Freundschaft. Das Ehepaar Cranach fungierte als Trauzeugen bei der Eheschließung Luthers. Cranach unterstützte Luthers Reformation und fertigte mehrere Bilder von Luther an. Darunter eines der bekanntesten Porträts, das im Jahre 1529 fertig gestellt wurde.
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Martin Luther – auf den Spuren des Reformators
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