Dein Kulturreisejournal

Die Stadt der Beatles

Liverpool ist die Heimat der Pilzköpfe

von Julia Marhenke

Wer über Liverpools Straßen schlendert, dem kann durchaus ein Bus begegnen, auf dem als Ziel in großen Lettern „Penny Lane“ steht. Hüpft man in diesen nun schnell rein, kann man sich direkt zur wohl berühmtesten Straße der Stadt fahren lassen.

Penny Lane
Denn wer kennt ihn nicht, den Song „Penny Lane“: „Penny lane is in my ears and in my eyes. There beneath the blue suburban skies (…).“Auch heute noch befindet sich gegenüber der Bushaltestelle ein Friseur. Im Gegensatz zum allseits bekannten Liedtext stoppen die Passanten hier allerdings nicht zum Hallosagen. Aber wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, kann man doch die ein oder andere beschriebene Begegnung auch heute noch erleben: Kinder feixen und der Mann, der dort vorne parkt, könnte tatsächlich ein Bankangestellter sein. Und läuft man die Straße ein Stück entlang, stößt man an einer Ecke sogar auf einen Fish and Chips Shop.

Original-Straßenschild Penny Lande
Original-Straßenschild der brühmten Straße © Harald Kother

Ja, in der Penny Lane ist viel los. Da wundert es nicht, dass die Beatles die dort stattfindenden Alltäglichkeiten in einem Song verarbeiteten. Immerhin kamen manche von ihnen hier fast täglich vorbei, denn keiner der Beatles wohnte weit entfernt von der berühmten Straße. Diese darf sich inzwischen sogar wieder mit diebstahlsicheren Straßenschildern schmücken. Nachdem Fans die ursprünglichen Schilder immer wieder abmontiert und als Andenken mitgenommen hatten, musste die Stadt aus Kostengründen vorübergehend auf gemalte Varianten ausweichen. Denn: Wer klaut schon gleich eine ganze Hauswand?

In my Life
Die Penny Lane war ohne Frage ein zentraler Punkt im Liverpooler Leben der Beatles. Lennon nahm in seiner ursprünglichen Fassung von „In my Life“ sogar noch direkt Bezug auf diese Straße: „Penny Lane is one I’m missing (…).“ Er selbst war von seinem Text vorerst jedoch wenig begeistert, erinnerte er ihn doch zu sehr an eine Schulaufgabe im Stile einer Beschreibung eines Busausflugs. Ein Jahr später grub Lennon seine Idee jedoch wieder aus und schrieb die Zeilen in die weniger spezifische Form um, die wir heute kennen.

Beatles Homes
Hat man den Fish and Chips Shop auf der Penny Lane gefunden, sind es nur knapp drei Kilometer in südöstlicher Richtung zu Paul McCartneys Jugendhaus, welches sich in der Forthlin Road befindet. Oder vom berühmten Roundabout aus dem „Penny Lane“-Songtext die gleiche Distanz bis man Mendips in der Menlove Avenue erreicht, wo John Lennon aufgewachsen ist. Beide Gebäude gehören inzwischen dem National Trust und können nur während einer Tour besichtigt werden.

John Lennons Kindheitshaus
John Lennons Kindheitshaus © Matthias Pätzold

Betritt man die Häuser der beiden Beatlesmitglieder, betritt man auch eine andere Zeit. Lennons Zimmer sieht aus, als hätte er es nur kurz verlassen. Stundenlang hat er hier gesessen und Gitarre geübt. Auf dem Tisch liegen Platten von Elvis Presley, an der Wand hängt ein Foto mit seinem Konterfei. In der Küche fällt es nicht schwer sich vorzustellen, dass Tante Mimi gleich um die Ecke kommt und einen eine heiße Suppe kocht. Und im Haus von McCartney hängen noch immer die alten Familienfotografien an der Wand. Man merkt schnell, dass bei der Einrichtung die Hand einer Frau fehlte. McCartneys Mutter starb, als er 14 Jahre alt war.

Strawberry Field
Nicht weit von Lennons Haus ist die Beaconsfield Road. Hier stand das bis 2005 von der Heilsarmee in Liverpool geführte Waisenhaus „Strawberry Field“, von dem heute nur noch das Gartentor steht. In seiner Kindheit zog Lennon sich oft hierhin zurück, um Zeit für sich zu verbringen, oder er traf sich mit Freunden, um auf dem Gelände zu spielen. 1966 schrieb er schließlich den Song „ Strawberry Fields Forever“ in Gedenken an diesen Platz.

Tor zum Strawberry Field
Viel ist nicht mehr zu sehen vom ehemaligen Waisenhaus © Harald Kother

Casbah Club
Schon früh hatten die ersten Beatlesmitglieder gemeinsame Auftritte. Damals hießen sie noch „The Quarrymen“, benannt nach Lennons Highschool.

Vor allem im „Casbah Coffee Club“ waren sie zu sehen. Noch heute kann man die Wandbemalung der Jungs dort bewundern. Bevor sie nämlich über ihren ersten Auftritt dort reden konnten, mussten sie erst einmal Pete Bests Mutter, der der Club in den unteren Räumen ihres Wohnhauses gehörte, beim Fertigstreichen helfen. Danach stand diesem und vielen weiteren Auftritten dort jedoch nichts mehr im Wege.

Casbah Coffee Club
Die Bühne im Casbah Coffee Club © Matthias Pätzold

McCartney beschrieb das „Casbah“ später einmal als „the place where all that startet. We helped paint it and stuff. We looked upon it as our personal club.” („… den Platz, wo all das begann. Wir haben beim Streichen und anderen Sachen geholfen. Wir haben ihn als unseren persönlichen Club angesehen.“)

Cavern Club
1961 feierten die Beatles schließlich ihr Debüt im „Cavern Club“ in der Mathew Street, dem 291 weitere Auftritte folgen sollten und in dem sie auch von Brian Epstein entdeckt wurden. In dem schmalen Kellerraum, in dem die Beatles soviel Zeit verbracht haben, finden noch heute Gigs diverser Bands statt. Bühne und Publikum sind nur wenige Zentimeter voneinander getrennt.

Cavern Club
Im Cavern Club wird auch heute noch ausgiebig bei Live-Musik gefeiert © Matthias Pätzold

Zwei Jahre nach ihrem ersten Auftritt dort war die Fangemeinde der Band so gewachsen, dass das „Cavern“ nicht mehr genug Platz bot. Wenn man sich in den Räumlichkeiten so umschaut, wundert es einen kaum. So atmosphärisch der Club auch sein mag, der größte ist er nicht. Aber vielleicht hat gerade das dazu beigetragen, dass die Beatles hier so viele Fans gewinnen konnten. Quasi auf Tuchfühlung mit den Stars.

Philharmonic Dining Rooms
Das „Phil“ ist immer noch sehr beliebt © Matthias Pätzold

Das „Phil“
Zu Beginn ihrer Karriere hielten sich die Beatles auch noch gern in den „Philharmonic Dining Rooms“ auf, einem der beeindruckendsten Pubs Englands. Schon von außen ist das Gebäude staunenswert. Aber spätestens drinnen weiß man, warum die Beatles sich gern hierhin zurückzogen. Die herrschaftlich wirkende Bar mit den farbenfrohen Mosaikarbeiten, das Wanddekor, selbst die Waschräume aus Marmor und Mosaiken vermitteln eine ganz eigene Stimmung. John Lennon soll sich in späteren Jahren sogar darüber beschwert haben, dass es das größte Manko seines Ruhmes sei, dass er nicht mehr auf einen Drink ins „Phil“ gehen könne.

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