Internationale Skulptur im Ruhrgebiet
von Hanna Halbritter
Das Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum in Duisburg positioniert sich als Zentrum Internationaler Skulptur. Die umfangreiche Sammlung von bedeutenden Skulpturen der Moderne zeigt Arbeiten ausgehend vom Lebenswerk Lehmbrucks und der Kunst seiner Zeit bis hin zu Werken der Gegenwart.
Schon im Jahr 1905 rief eine Bürgerinitiative in Duisburg zur Gründung eines Kunstvereins auf. Vorbild war das erste Folkwang Museum in Hagen. Der neu gegründete Museumsverein Duisburg begann dann auch mit dem Aufbau einer Sammlung zeitgenössischer Kunst.
Erfolgsgeschichte eines Bürgeraufrufs
Die Duisburger Familie Böninger schenkte dem Verein eine erste Skulptur von Lehmbruck und überließ ihm das Grundstück für ein Museum. Hier liegt der Ursprung des Museum Lehmbruck, dass aus dem Museumsverein und dem später konstituierten städtischen Museum hervorging und seit dem Jahr 2000 als Stiftung geführt wird. Die Basis des Museums ist die Lehmbruck-Sammlung aus dem Nachlass der Familie.
Das Museum wurde von Manfred Lehmbruck, Architekt und Sohn von Wilhelm Lehmbruck, entworfen und auf dem innerstädtischen Villengelände des Kant-Parkes realisiert. Im Jahr 1964 wurde ein Bauensemble aus einer großen Glashalle, dem Lehmbruck-Trakt und einem Skulpturenhof erbaut. Da die Sammlung jedoch schnell wuchs, wurde 1987 als Erweiterung ein weiteres Gebäude der Architekturgemeinschaft Lehmbruck/Hänsch auf dem Museumsareal errichtet, dass der Glashalle angefügt ist. Im Jahr 1990 wurde zudem ein Skulpturenpark für großformatige Werke angelegt. Heute stehen die Museumsbauten unter Denkmalschutz.
Eine Hommage an den Sohn der Stadt
Die Basis der Sammlung des Museum ist das Lebenswerk von Wilhelm Lehmbruck (1881-1919), der als Bergarbeiterkind im heutigen Duisburger Stadtteil Meiderich geboren wurde.
Als einer der wichtigsten deutschen Bildhauer der klassischen Moderne neben Käthe Kollwitz und Ernst Barlach befindet sich sein Werk heute in dem nach ihm benannten Lehmbruck-Trakt. Dieser Betonkubus zeichnet sich durch seine großzügige Beton-Glas-Architektur mit einem zentralen Lichthof aus, in der auch die Höhepunkte figuraler Skulpturen und Gemälde aus der Sammlung des Museums präsentiert werden können. Die Werke Lehmbrucks treten beispielsweise mit Arbeiten von Alberto Giacometti, Raymond Duchamp-Villon oder Oskar Kokoschka in spannungsreiche Beziehungen, die den Exponaten neue Impulse geben.
Lehmbrucks bildhauerisches Werk dreht sich hauptsächlich um den menschlichen Körper und zeigt sich vom Naturalismus und Expressionismus beeinflusst. So werden im Museum beispielsweise seine Werke „Emporsteigender Jüngling“, „Große Sitzende“ oder auch die Figur des „Gestürzten“ präsentiert.
Lehmbrucks berühmteste Skulptur, „Die Kniende“ von 1911, begrüßt vor der Glasfassade des Museums die Besucher. In den 20er Jahren wurde sie zunächst im Duisburger Tonhallengarten aufgestellt. Damals erregte sie das Schamgefühl der Bürger, die dem Aufruf einer Lokalzeitung zur Beschädigung folgten – heute, an ihrem exponiertem Standort vor dem Museum, ist sie jedoch ein begehrtes Fotomotiv.
Who’s Who der Skulptur
In der Skulpturensammlung des Museums sind die wichtigsten Kunstrichtungen und Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts vertreten.
So finden sich beispielsweise Kunstwerke von Auguste Rodin, Pablo Picasso, Hans Arp, Ernst Barlach, Henri Moore, Christo, Käthe Kollwitz, Sol LeWitt, Meret Oppenheim, Salvatore Dalí, Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely oder auch Max Ernst.
Im Ausstellungssaal wird im Gegensatz zur Figuration im Lehmbruck-Trakt abstrakt-informelle Kunst gezeigt, die Künstler wie Frank Stella, Hans Arp und Ulrich Rückriem erschaffen haben.
Raum wurde auch der Kunst von Joseph Beuys zugesprochen, der kurz vor seinem Tod den Lehmbruck-Preis erhielt. Seine Installationen „Raum 90 000 DM“ hat so einen dauerhaften Platz im Glaskubus erhalten und auch sein „Mammut“ ist eine Dauerleihgabe an das Museum.
Der Kernbereich der Museumssammlung, die Skulptur, wird durch weitere Sammlungsbereiche ergänzt: Malerei, Graphik, Fotografie und Neue Medien stehen für sich und können gleichzeitig vielfältige Dialoge mit plastischen Werken eingehen. Auch in diesen Bereichen kann das Museum mit Arbeiten bedeutender Künstler von der Zeit Lehmbrucks bis zur Gegenwart glänzen. Herausragend sind u.a. einige Gemälde der Brücke-Künstler, wie die „Zwei Schwestern“ von August Macke, Werke von Oskar Schlemmer aus dem Bauhaus oder auch abstrakte Kunst von Emil Schumacher.
Im weitläufigen Kant-Park rund um das Museum stehen über 30 Großskulpturen, wie zum Beispiel die mächtige Würfelskelette „3“ aus Vierkantstahlrohr von Alf Lechner. Weiterhin sind Arbeiten u.a. von Wilhelm Lehmbruck, Eduardo Paolozzi, Hans-Peter Feldmann und Stefan Sous vertreten.
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