Dein Kulturreisejournal

Frida Kahlo

Ein Leben von und für die Kunst

von Friederike Reth

Wäre Mexiko eine Frau, wäre sie wohl Frida Kahlo. Keine andere Person verkörpert das Mexiko des 20. Jahrhunderts so wie sie. Ihr Geburtsjahr gab sie selbst immer mit 1910 an, dem Jahr, in dem sich das Land durch die mexikanische Revolution von seinem Diktator Porfirio Díaz befreite. Tatsächlich wurde sie drei Jahre früher, 1907, in Coyoacán, damals ein Vorort von Mexiko-Stadt, geboren.

„Die Verkörperung aller nationalen Herrlichkeit“

sah Diego Rivera in ihr, und meinte damit nicht nur ihre äußere Erscheinung, sondern auch ihr künstlerisches Werk.

Frida Kahlo identifizierte sich sehr mit ihrem Land, hob mit ihrer traditionellen Kleidung, ihrem indianischen Schmuck und der Art und Weise, wie sie ihr langes, schwarzes Haar trug, immer ihr indigenes Erbe hervor. Ihr Vater Guillermo Kahlo war Deutscher, gebürtig aus Pforzheim, ihre Mutter hatte spanische und indianische Vorfahren.

Frida Kahlo
Frida Kahlo / 1932 © Guillermo Kahlo, wikimedia

Frida wuchs mit ihren Geschwistern in Coyoacán auf, im sogenannten blauen Haus, das ihr Vater für die Familie gebaut hatte. Mit sechs Jahren erkrankte sie an Kinderlähmung und musste Zeit alleine zu Hause verbringen, statt mit anderen Kindern zu spielen. Ihr Vater, ein bekannter Fotograf, nahm sich seiner Tochter an, nahm sie mit auf Spaziergänge durch die Natur, wo er Aquarelle zeichnete, und brachte ihr die Grundlagen der Fotografie bei. Dennoch interessierte sie sich zunächst eher für Astronomie, Biologie, und Geisteswissenschaften. Mit großer Leidenschaft widmete sie sich auch politischen Themen.

Casa Azul in Coyoacán
Frida Kahlos Geburtshaus, die sogenannte Casa Azul in Coyoacán
© Nachtwächter, CC BY-SA 3.0

Auf dem Weg von der Schule nach Hause bohrte sich bei einem Zusammenstoß eines Busses mit einer Straßenbahn eine Stahlstange quer durch ihren Unterleib. Zahlreiche Brüche und Unterleibsverletzungen waren die Folge. In einem Gipskorsett zur Untätigkeit gezwungen, begann Frida zu malen. Zunächst bemalte sie ihr Gipskorsett, später zeichnete sie die einzigen Körperteile, die sie noch sehen konnte: ihre Füße. Nachdem ihre Familie ihr eine Staffelei-Spiegel-Konstruktion baute, wurde sie selbst ihr häufigstes Motiv.

Über ihren Unfall und die Zeit danach sagte sie zu ihrer Mutter: „Ich bin nicht gestorben. Und außerdem habe ich etwas, wofür es sich zu leben lohnt: die Malerei“.

Durch sie fand die Achtzehnjährige eine Möglichkeit, ihr Leben, ihr Leid zu verarbeiten. Später sagte sie: „Malen vervollständigte mein Leben. Ich habe drei Kinder und eine Reihe anderer Dinge, die mein schreckliches Leben bereicherten, verloren. Mein Malen nahm den Platz von all jenem ein. Ich glaube, arbeiten ist das Beste.“

Malerei diente nicht nur als Ersatz für ihren unbefriedigten Kinderwunsch, durch sie verarbeitete sie auch ihre Beziehung zu Diego Rivera. Im August 1929 heirateten die beiden. „Eine Hochzeit zwischen einer Taube und einem Elefanten“ nannte Fridas Mutter die Verbindung. Die zahlreichen Affären des Künstlers waren bekannt, zudem war er etliche Jahre älter als seine Frau, pflegte ein eher unkonventionelles Leben und zählte zu den Muralisten. Diese Form der Wandmalerei im öffentlichen Raum entstand nach der mexikanischen Revolution. Die Themen sind meist nationaler, sozialkritischer und historischer Natur.

Diego Rivera war ebenso wie Frida Kahlo leidenschaftlicher Nationalist und Kommunist. Gemeinsam kämpften sie für ihre Idee eines neuen sozialen Mexikos, unterstützten den bewaffneten Klassenkampf des mexikanischen Volkes und unterstützten sich gegenseitig bei ihrer Kunst. Gemeinsam gewährten sie auch Leo Trotzki Unterschlupf im blauen Haus, als dieser in Mexiko weilte. Diego Rivera sah sich als Kommunist, ließ sich aber dadurch nicht davon abhalten, in den Fordwerken in Detroit Wandmalereien anzufertigen. Wegen „trotzkistischem Verhalten“ wurde er 1929 aus der Kommunisten Parte Mexikos, PCM, ausgeschlossen.

Die Kunst ist es, die das Leben Frida Kahlos widerspiegelt wie es kaum eine geschriebene Biografie kann. „Ich schreibe den Menschen mit meinen Augen“, sagte sie über sich selbst. Sie malte, was sie sah und wie sie es sah. Als surrealistisch wurde es häufig bezeichnet, doch für sie war es die Realität – ihre Wahrnehmung der Realität. Ihre Bilder wirken oft schonungslos, Blut, tote Embryonen, ihr nackter, verstümmelter Körper. Von 143 Bildern sind 55 Selbstbildnisse: „Ich male mich, weil ich so oft allein bin und weil ich mich auch am besten kenne.“

Frida Kahlo, Selbstportrait mit Affen, 1943 © Ambra75, CC BY-SA 4.0

Als Folge ihres Unfalls verbrachte Frida Kahlo viel Zeit in Krankenhäusern, in 29 Jahren wurde sie 32 mal operiert. Sie haderte mit ihrem Leben und ihrem Körper, ihr Halt in dieser Zeit war wieder einmal die Kunst und Diego, den sie nach einer kurzen Trennung ein zweites Mal geheiratet hatte.

An ihrer ersten Einzelausstellung in Mexiko 1953 konnte sie nur liegend teilnehmen. Ein Jahr später starb sie an einer Lungenentzündung, nur wenige Tage nachdem sie gegen den Rat der Ärzte an einer Demonstration gegen die nordamerikanische Intervention in Guatemala teilnahm.

Die Küche im Blauen Haus © Anagoria, CC BY 3.0

Das blaue Haus in Coyoacán, in dem Frida Kahlo geboren wurde, lange Zeit mit Diego Rivera lebte, und schließlich auch starb, wurde nach ihrem Tod zu einem Museum umgestaltet. Man kann hier nicht nur durch ihre ehemaligen Wohnräume gehen, die farbenfrohe Küche bestaunen, und ihr original Mole-Rezept lesen, auch ihr Bett mit der Staffelei-Spiegel-Konstruktion ist hier ausgestellt.

Strahlend blau scheint das Haus außen, den Garten schmücken präkolumbische Skulpturen und unterschiedlichste Pflanzen. Zu Lebzeiten Frida Kahlos bevölkerten ihn Pfaue, Rehe, Affen und Hunde.