Kirche und Kunst im kleinsten Staat der Welt
von Meike Stegkemper
Auf dem Gebiet der Vatikanstadt befinden sich mit dem Petersdom, dem Petersplatz, der Sixtinische Kapelle und dem Vatikanische Museen einige weltberühmte Sehenswürdigkeiten.
Der Petersdom
Zentrum des Vatikans ist die Peterskirche, auch Petersdom oder Basilika St. Peter genannt. Die 211 Meter lange und 132 Meter hohe Kirche entstand in fast 120 Jahren Bauzeit und gilt als eines der größten sakralen Bauwerke der Welt.
Der Vorgängerbau der Kirche entstand 324 über dem vermuteten Grab des Apostels Simon Petrus, Vorläufer aller Päpste. Papst Julius II. suchte jedoch um 1500 einen angemessenen und repräsentativen Ort für seine letzte Ruhestätte und empfand den bestehenden Alten St. Peter, in dem die Gräber zahlreicher Päpste waren, als unzureichend. Eine bauliche Erweiterung des einsturzgefährdeten Alten St. Peter lehnte er ab und dieser wurde abgerissen. Am 18. April 1506 begann der Bau der neuen Peterskirche.
In der Anfangszeit des exorbitanten Bauprojektes arbeiteten viele unterschiedliche Baumeister, unter ihnen Michelangelo und Raffael, an der Errichtung des Doms. Schließlich setzte sich der Entwurf eines Langbaus in Form eines lateinisches Kreuzes durch. Von 1607 bis 1614 wurde das Langhaus mit Vorhalle und die barocke Fassade unter dem Baumeister Carlo Maderno umgesetzt. Gian Lorenzo Bernini errichtete 1624 einen Bronzebaldachin mit aufgesetztem Kreuz auf vier 29 Meter hohen gewundenen Säulen direkt über dem Petrusgrab. Hiermit wollte er die Blicke auf das Grab des Apostels lenken. Nach einer 120 Jahre andauernden Bauzeit wurde der neue Petersdom 1623 eingeweiht.
Die Innenfläche der Kirche ist mit über 15.000 Quadratmetern etwa so groß wie zwei Fußballfelder. Sie ist damit eine der größten der Welt. Die Kirche bietet Platz für über 60.000 Menschen. Neben der Hauptkuppel verfügt der Petersdom über acht kleinere Nebenkuppeln, 800 Säulen im gesamten Innenraum sowie 390 Riesenstatuen, 45 Altäre und 164 Papstgräber.
Der zentrale Blickfang im Innenraum der Basilika ist die von Michelangelo entworfene Kuppel, das größte freitragende Ziegelbauwerk der Welt. Die Kuppel hat einen Durchmesser von 42 Metern und ist 43 Meter hoch. Vier fünfeckige Pfeiler tragen das Gewölbe.
Am Inneren der Kuppelwand kann der Besucher dank einer Treppe mit 500 Stufen zur Spitze aufsteigen. Durch den Weg zwischen den beiden Kuppelschalen kann die statische Konstruktion des Gewölbes nachvollzogen werden. Wer möchte kann die Dachterrasse auch über einen Lift erreichen und so den atemberaubenden Blick auf den Vatikanischen Hügel, den Petersplatz und das den Vatikan umgebende Rom genießen.
Unter der Kuppel, unmittelbar über dem Petrusgrab, befindet sich der Papstaltar, der von Berninis Baldachin, dem größten Bronzekunstwerk der Welt, geschirmt wird.
Der Petersplatz
Vor dem Petersdom liegt der ovalförmige Petersplatz. Er ist 240 Meter breit und 340 Meter tief. Er geht an der Seite des Doms in ein Trapez (Piazza Retta) über und schließt so an die Basilika an. Der Petersplatz wurde zwischen 1656 und 1667 von dem italienischen Bildhauer und Architekten Gian Lorenzo Bernini unter Papst Alexander VII. angelegt.
Der elliptische Platz wird auf zwei Seiten von 17 Meter breiten Kolonnaden umsäumt. Die 284 Säulen sind 15 Meter hoch und in 71 Viererreihen angeordnet. Laut Bernini symbolisieren sie mütterlich ausgebreitete Arme, die die Gläubigen empfangen. Auf der Brüstung der Kolonnaden stehen 140 Heiligenstatuen.
Im Zentrum des Petersplatzes steht ein original ägyptischer Obelisk auf einem Fundament mit vier Bronzelöwen. Der Obelisk stammt aus dem Circus des Caligula und Nero. Im Fuß der Statur soll sich die Asche Caesars befinden, in der Spitze ein Stück des Kreuzes Jesu. Auf beiden Seiten des Obelisken befindet sich ein je 14 Meter hoher Brunnen. Während der rechte Brunnen 1613 unter Paul V. von Carlo Maderno entworfen wurde, stammt der linke Brunnen aus dem Jahr 1677 und wurde von Carlo Fontana gestaltet.
Jeden Mittwoch hält der Papst eine Audienz auf dem Petersplatz.
Die Sixtinische Kapelle
Die Sixtinische Kapelle liegt nördlich des Petersdoms und enthält viele der berühmtesten Kunstwerke der Welt. Sie wurde zwischen 1475 und 1483 unter Papst Sixtus IV., dessen Namen die Kirche trägt, umgebaut und am 15. August 1483 eingeweiht. Papst Julius II., der Neffe von Papst Sixtus IV., beschloss Anfang des 16. Jahrhunderts die Umgestaltung der Deckendekoration.
Die von verschiedenen Künstlern der Renaissance angefertigten Wandgemälde der Sixtinischen Kapelle zeigen Szenen aus dem Leben Jesu und Moses und Portraits der Päpste.
Das von Michelangelo zwischen 1508 und 1512 im Auftrag von Papst Julius II. gestaltete Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle erreichte besondere Berühmtheit. Auf 520 Quadratmetern zeigt das Kunstwerk Szenen aus der Genesis von der Schöpfung bis zu Sintflut. Michelangelo ergänzte sein Gemälde um Bildnisse von Propheten, Sibyllen und Vorvätern Christi. Nach viereinhalb Jahren vollendete Michelangelo sein Werk. Weltberühmt ist der Ausschnitt „Die Erschaffung Adams“, die die Erweckung Adams durch Gottes Finger zeigt.
Die Sixtinische Kapelle ist Sitzungsort des Konklaves, bei dem die Kardinäle der römisch-katholischen Kirche zusammenkommen, um den Papst zu wählen.
Die Vatikanischen Museen
Die Päpste gehörten zu den ersten Herrschern, die ihre privaten Kunstsammlungen der Öffentlichkeit zugänglich machten. So entstanden die ersten päpstlichen Galerien und Museen, die Vorläufer der heutigen Vatikanischen Museen.
Heute sind die Vatikanischen Museen mehrere voneinander getrennte Ausstellungen und Sammlungen.
Das Museo Gregoriano Egizio (Gregorianisch-ägyptische Museum) wurde 1839 durch Papst Gregor XVI. gegründet und ist in neun Säle unterteilt. Es zeigt primär Exponate aus Ägypten und in zwei Sälen Ausstellungsstücke aus Mesopotamien und aus Syrien-Palästina.
Das Museo Gregoriano Etrusco (Gregorianisch-etruskische Museum) wurde ebenfalls von Papst Gregor XVI, allerdings bereits im Jahr 1837, gegründet und zeigt vorwiegend die Ergebnisse der Ausgrabungen der antiken Stätte ab 1828 in Süd-Etrurien, so z.B. Vasen und Bronzen.
Das Museo Pio Cristiano zeigt christliche Altertümer, Statuen und Sarkophage.
Die Neue Vatikanische Pinakothek wurde 1932 in einem nach den Vorschriften von Papst Pius XI. vom Architekten Luca Beltrami neu errichteten Gebäude eingeweiht. Die 460 Gemälde aus dem 12. bis 19. Jahrhundert, darunter Werke von Michelangelo und Raffael, sind nach chronologischen Kriterien bzw. Schulen in 18 Sälen ausgestellt.
Das Museo Missionario-Etnologico wurde 1926 von Papst Pius XI. gegründet. Die 80.000 Exponate umfassende Museumssammlung gliedert sich in zwei Rundgänge. Während der erste Rundgang religiöse Gegenstände aus Asien, Ozeanien, Afrika und Amerika zeigt, sind im zweiten Rundgang, der nur nach vorheriger Anmeldung zu besichtigen ist, Gegenstände verschiedener Kulturen ausgestellt.
Das Museo Profano wurde 1884 von Gregor XVI. gegründet und erst 1970 in den Vatikan verlegt. Es zeigt Skulpturen aus dem 1. bis 3. Jahrhundert nach Christus.
Das 1973 gegründete Museo Storico Vaticano zeigt päpstliche Fortbewegungsmittel mehrerer Jahrhunderte. Neben Kutschen, Automobilen und Sänften ist das Modell der ersten Lokomotive der Vatikanstadt aus dem Jahr 1929 zu besichtigen.
Weitere Vatikanische Museen:
- Musei di Antichità Classiche
- Gallerie degli Arazzi (Sammlung von Wandteppichen aus dem XVI. bis XVII. Jahrhundert)
- Keramik (IX.-XVIII. Jh.)
- Kleine Mosaiken
- Collezione d’Arte Religiosa Moderna (Sammlung Moderner und Religiöser Kunst)
- Museo Sacro (Bibliothek)
Im Rahmen des Museumsbesuchs kann man auch einige Räume des Papstpalastes besichtigen.
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