Dein Kulturreisejournal

Faszination Mecklenburg-Vorpommern

Künstlerkolonien im Norden Deutschlands

von Meika Sternkopf

Die Landschaft und Natur Mecklenburg-Vorpommerns hat schon immer Künstler inspiriert und angezogen. Gerade die Maler der Landschaftsmalerei nahmen die Regionen an der Ostseeküste mit dem weiten Himmel als Motiv. So entstanden vor allem Ende des 19. Jahrhunderts bedeutende Künstlerkolonien, welche schnell auch über die Landesgrenzen hinweg Bekanntheit erlangten. Zu diesen zählen Hiddensee, Ahrenshoop und Schwaan.

Hiddensee
Mit der kleinen Ostseeinsel Hiddensee nahe Rügen sind Namen wie Gerhart Hauptmann, Thomas Mann und Albert Einstein verbunden. Sie alle suchten auf Hiddensee Inspiration und Erholung.

1885 besuchte Gerhart Hauptmann Hiddensee zum ersten Mal und war von da an mit der Ostseeinsel bis zu seinem Lebensende eng verbunden. Im Winter 1929 erwarb der Dichter ein Haus, welches er um ein gewaltiges Arbeitszimmer erweitern ließ. Heute sind die Räume des Hauses als Gedenkstätte hergerichtet und für Besucher zugänglich gemacht.

Haus Seedorn von Gerhart Hauptmann
Das Haus Seedorn von Gerhart Hauptmann auf Hiddensee © Abubiju, CC BY-SA 3.0

Vor allem aber waren es Künstler, welche die Insel prägten und gegen 1900 das sogenannte „Goldene Zeitalter einläuteten. So erbaute Oskar Kruse 1904 die „Lietzenburg“, welche als Treffpunkt für viele der darauffolgenden Künstler fungierte. Die Malerin, Schriftstellerin und Musikerin Henni Lehmann ließ auf Hiddensee ein Haus bauen, welches sie mit ihrer Familie in den Sommermonaten besuchte, um literarische und musikalische Abende zu veranstalten.
Auch die Maler Willy Jaeckel, Otto Mueller und Ernst Heckel, letztere Mitglieder der expressionistischen Dresdner Künstlergruppe Brücke, widmeten ihre Werke der kleinen Insel. Bis in die 1930er Jahre hinein wurden Hiddensee, ihre Natur und ihre Menschen immer wieder als Motive von Künstlern aufgegriffen. So dient die Insel in den expressionistischen Bildern des Malers Ivo Hauptmann (1886-1973) als Motiv, welcher der älteste Sohn des Dichters war.

Ahrenshoop Strand
Kunst und Küste in Ahrenshoop © Matthias Pätzold

Ahrenshoop
Anfang der 1880er Jahre entdeckten die mecklenburgischen Maler Carl Malchin und Anna Gerresheim das pommersche Fischerdorf Ahrenshoop. Der Ort faszinierte die Maler durch seine Abgeschiedenheit und Urtümlichkeit. Mit Paul Müller-Kaempff und Anna Gerresheim siedelten sich 1892 die ersten Künstler hier an.
Ihnen folgten Elisabeth von Eicken, Friedrich Wachenhusen, Friedrich Grebe, Hugo Richter-Lefensdorf und andere. 1895 eröffnete Müller-Kaempff mit Friedrich Wachenhusen die Malschule St. Lukas, 1909 wurde nach Plänen Müller-Kaempffs und Theobald Schorns der Kunstkaten Ahrenshoop als Galerie für die Maler der Kolonie errichtet.

Kunstkarten Ahrenshoop
Der Kunstkarten Ahrenshoop besteht schon seit über 100 Jahren © IBK

Der Künstlerort Ahrenshoop zeichnet sich durch unzählige Verknüpfungen mit den Kunstentwicklungen der Moderne aus und zieht auch heute noch Künstler an, die sich von der Landschaft inspirieren lassen. Das Künstlerhaus Lukas fördert durch die Vergabe von Aufenthaltsstipendien Künstlerinnen und Künstler in den Sparten Bildende Kunst, Literatur, Tanzperformance und Komposition. Als internationale Begegnungsstätte und Ort für künstlerische Arbeit bietet es die Möglichkeit, Kurzzeitstipendien oder Workshopwochen für eine konzentrierte Arbeitsphase in Anspruch zu nehmen.

Hermann Eschke, Rettungsboote vor Sandbank
Hermann Eschke, Rettungsboote vor Sandbank, 1862

Schwaan
Die Künstlerkolonie in der Kleinstadt Schwaan, die zwischen Güstrow und Rostock liegt, ist die einzige der Region Mecklenburg und besteht schon seit rund 120 Jahren.

Um 1860 zogen bereits die Schweriner Künstler Otto Dörr, Eduard Ehrke sowie der mecklenburgische Landschaftsmaler Carl Malchin nach Schwaan, um zu malen. Die kleine Stadt Schwaan, in einer Flusslandschaft gelegen, bot für das Zeichnen und Malen zahlreiche Motive.

Doch erst mit dem Franz Bunke, einem gebürtigen Schwaaner, entwickelte sich die Kleinstadt 1892 zu einem Künstlerort. Nach seinem Studium bei Theodor Hagen an der Weimarer Malerschule war Bunke ebenfalls als Professor für Landschaftsmalerei in Weimar tätig. Während seiner Lehrtätigkeit hielt er sich in seiner Freizeit häufig in Schwaan auf, um dort Inspirationen zu sammeln. Ab 1892 folgten ihm regelmäßig Schüler. Mit ebenfalls in Schwaan geborenen Künstlern wie Rudolf Bartels und Peter Paul Draewing, ist die Schwaaner Künstlerkolonie vor allem durch einheimische Maler geprägt.1902 siedelte sich der Hamburger Alfred Heinsohn in Schwaan an. Auch er hatte seine Ausbildung in Weimar erhalten

GEmälde Stadt Schwaan
Franz Bunke: „Die Stadt Schwaan“ (1928)

Rudolf Bartels entwickelte sich zum bedeutendsten Maler Mecklenburgs der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, während Franz Bunke als Begründer der Kolonie vor allem der Freilichtmalerei zum Durchbruch verhalf.
Im Umkreis von Bunke malten nicht nur Kollegen und Studenten, sondern auch einige interessierte Laien, wie zum Beispiel die Brüder von Rudolf Bartel, Carl und Otto.
Mit dem Ersten Weltkrieg endete das gemeinsame Schaffen der Künstler in Schwaan und die Künstlerkolonie zerfiel.

Heute wird seit 1992 mit jährlichen Sommerausstellungen unter wechselnden Themen den Künstlern dieser Gemeinschaft zu bleibender Anerkennung verholfen. Die Stadt Schwaan besitzt zahlreiche Gemälde von Malern der Kolonie. Sie sind in der Dauerausstellung in der alten Wassermühle zu sehen.

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