Ein Tempel für die Kunst
von Julia Marhenke
Wie ein griechischer Tempel steht es da. Glatte weiße Wände, verziert mit floralen Mustern und geschwungenen Linien. Auf dem Dach eine Kuppel aus vergoldeten Lorbeerblättern. Der Eingangsbereich bewacht von drei Medusenhäuptern – Das Secessionsgebäude in Wien.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde es von Joseph Maria Olbrich erbaut. Gedauert hat das nur ein halbes Jahr. Und eigentlich wurde damals nur die „Erbauung eines provisorischen Ausstellungspavillons auf die Dauer von längstens zehn Jahren“ bewilligt, wie das Protokoll der damaligen Gemeinderatssitzung verrät.
Nun, die zehn Jahre sind längst rum und das Gebäude steht glücklicherweise noch immer. Das älteste, ausdrücklich der zeitgenössischen Kunst gewidmete, unabhängige Ausstellungshaus ist es inzwischen.
Ein Gebäude – viele Namen
Abgesehen von einem griechischen Tempel könnte man es auch glatt für ein Mausoleum halten. Es gibt nämlich im hinteren Bereich keinerlei Fenster. Manche nannten das Gebäude auch „Ägyptisches Königsgrab“ oder „Tempel für Laubfrösche“. Halb spöttisch, halb liebevoll hat es den Namen „Krauthappl“ erhalten, da die vergoldete Lorbeerkuppel die Wiener an einen Kohlkopf erinnerte.
Der Lorbeer – ein Symbol des Sieges. Und damit ein Hinweis auf die Göttin Athene, die sich hier an mancher Stelle wiederfindet. Da sind zum einen die drei Medusenköpfe, deren Schlangenhaare die Worte Malerei, Architektur und Plastik umspielen. Und zum anderen die Eulen an den Seitenfronten des Gebäudes. Beides steht für Athene, die Göttin der Weisheit, des Sieges und der handwerklichen Künste.
Lichter Ausstellungsraum
Während das Secessionsgebäude von außen aus festen, fensterlosen Quadern erstellt zu sein scheint, präsentiert es sich im Innern gänzlich anders. Der funktionale, hinten liegende Ausstellungsraum ist nach dem Vorbild einer Basilika gegliedert. Das heißt, dass er sowohl über ein erhöhtes Mittelschiff als auch über zwei niedrigere Seitenschiffe und ein abschließendes Querschiff verfügt.
Es ist ein einziger, großer Raum. Fensterlos zwar, doch von zeltartig gewölbten Glasdächern überspannt, sodass genügend Licht gleichmäßig hereinfallen kann. Mit Trennwänden kann die Halle einfach unterteilt werden und bietet so eine ideale Grundlage für verschiedenste Ausstellungen.
Neben dem großen Ausstellungsraum gibt es zudem noch mehrere kleinere Zimmer. Im Souterrain beispielsweise befindet sich der Klimtraum, in dem seit 1986 das Beethovenfries von Gustav Klimt wieder dauerhaft zu sehen ist.
Insgesamt werden jedes Jahr rund 20 Ausstellungen in den verschiedenen Räumen präsentiert.
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