Dein Kulturreisejournal

Die weiße Stadt Ronda

Die Stadt am Abgrund

von Meika Sternkopf

„Die Ortschaft – phantastisch und überaus großartig“. So beschrieb schon Rainer Maria Rilke Anfang des 20. Jahrhunderts die Stadt Ronda. Inmitten einer rauen, fast unwirklichen Berglandschaft befindet sich am Rande einer bis zu 100 Meter tiefen Schlucht die andalusische Stadt. Drei Brücken führen über den Abgrund, welcher Ronda in zwei Teile trennt.

Zwei Teile einer weißen Stadt – der neue auf der einen, der alte auf der anderen Seite, beide auf einem hohen Felsplateau liegend, doch gespalten von einer tiefen Schlucht. Der Blick schweift in den Abgrund – El Tajo genannt – dann weiter auf die anderen Brücken und weit ins Umland hinein. Eine sanfter Windhauch weht durch die Schlucht, erreicht die staunenden Besucher, welche auf der Puente Nuevo stehen. Sie verbindet das Alte mit dem Neuen und ist zudem die Bekannteste der drei Brücken Rondas.

Puente Nuevo
Die berühmte Puente Nuevo © IBK

Die Puente Nuevo ist aus dem 18. Jahrhundert und beeindruckt vor allem mit ihren gewaltigen Dimensionen. Sie verbindet das neue Stadtviertel Mercadillo mit dem alten Stadtteil Ciudad. Ihr Architekt José Martin de Aldehuela, der viele Jahre seines Lebens dem Bau der Brücke widmete, stürzte tragischerweise nur wenige Tage nach deren Fertigstellung von seiner Brücke in die Schlucht und fand dabei den Tod.

Im älteren Teil der Stadt sind noch immer viele Spuren von Rondas arabischer Vergangenheit zu finden. Durch die abgeschiedene Lage und die gute Befestigung ist es kaum verwunderlich, dass diese Stadt eine der letzten maurischen Festungen während der christlichen Rückeroberung war. Erst 1485, sieben Jahre vor der Eroberung Granadas und dem endgültigen Ende der Reconquista, fiel sie unter der Übermacht der Spanier.

Palacio de Mondragón
Maurischer Stil im Palacio de Mondragón © José Luis Filpo Cabana, CC BY-SA 4.0

Besonders sehenswert ist der Palacio de Mondragón. Erbaut 1314 vom damaligen maurischen Machthaber Rondas, wurde er später zum Sommerpalast der spanischen Monarchie. Im Palast befindet sich ein kleines Museum mit Informationen über Geschichte, maurische Kultur, Architektur und Kunst. Der Palast ist zudem ein gutes Beispiel für die Innenhöfe und Gärten der Epoche. Die Terrasse bietet einmalige Blicke über die Schlucht.
Die Kirche von „Santa Maria Mayor“ wurde an der Stelle der alten Moschee erbaut und birgt daher viele maurische Elemente in ihrem Bau. Das Minarett wurde in den Kirchturm verwandelt, zwei Bögen, einige Gewölbe und das „Mihrab“, eine Gebetsnische, welche die Gebetsrichtung anzeigt, stammen noch vom alten arabischen Gebäude. Im Inneren der Kirche findet man einen Hochaltar und einen kunstvoll geschnitzten, barocken Chorraum.
Des Weiteren entstammen die an den Flussufern gelegenen arabischen Bäder aus dem 13. Jahrhundert dem muslimischen Erbe. Sie zählen zu den besterhaltenen Bädern Spaniens und wurden im 13. und 14. Jahrhundert erbaut. Die Verteilung der verschiedenen Zonen der Bäder entspricht dem römischen Modell: Das kalte Bad, das lauwarme und das heiße Bad. Das Wasserrad, das die Bäder und die daneben liegenden Gerbereien mit Wasser versorgte, ist ebenfalls erhalten.

asa del Rey Moro
Die Casa del Rey Moro steht direkt am Rande der Schlucht © Parpadeo, CC BY-SA 3.0

Der Palast des Markgrafen von Salvatierra und die Casa del Rey Moro verkörpern einige der vielen Beispiele für die Profanarchitektur Rondas. Am einstigen Wohnsitz des Markgrafen von Salvatierra sticht insbesondere ein schmiedeeiserner Balkon hervor. In der Casa del Rey Moro kann man die im Gotik-Mudéjarstil gehaltenen Verzierungen sowie die hängenden Gärten, welche zum Gartenkunstdenkmal erklärt wurden, bewundern.

Die Stierkampfarena „Plaza de los Toros“ ist ebenfalls von dem Architekten Aldehuela erbaut worden und Ronda rühmt sich mit der Behauptung, die älteste Arena Spaniens zu beherbergen. Der Stierkampf hat in Ronda eine lange Tradition. So gilt die Stadt als die Geburtsstätte der „Corrida“, da hier der Kampf des Toreros zu Fuß als auch der Einsatz des roten Tuches entwickelt wurden. Auch ein eigener Stil wurde hier unter den Namen „Ronda-Schule“ bekannt.

Stierkampfarena in Ronda
Die Stierkampfarena in Ronda © IBK

Ronda hat mit seiner dramatischen Lage schon viele berühmte Dichter und Schriftsteller begeistert. Zu den bekanntesten gehört der deutsche Dichter Rainer Maria Rilke. Sein Aufenthalt in Ronda war zwar von kurzer Dauer, aber seine Erinnerungen an Andalusien sind in vielen seiner Gedichte wiederzufinden. Heute kann man die Bronze-Statue des Dichters im Park seines einstigen Hotels Reina Victoria bewundern.

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Glanzlichter Andalusiens sind die drei großen Städte Granada, Córdoba und Sevilla, jede mit beeindruckenden Denkmälern maurischer Baukunst – und eine Küstenlinie von über 800 km, die sich auf zwei Meere verteilt und viel Platz für Sonnenanbeter und Strandläufer bietet. Aber auch das Hinterland will erforscht werden: die weite Ebene des Río Guadalquivir, in der im Spätsommer die Baumwollfelder blühen, und die schneebedeckte Sierra Nevada, die mit den höchsten Bergen der Iberischen Halbinsel »angibt«. Dazu echte Sandwüsten, ausgedehnte Stauseen und Salzwasserlagunen, vorgeschichtliche Ausgrabungsstätten, römische Amphitheater, maurische Burgen und die malerischen »weißen Dörfer«.
Das Reisehandbuch enthält neben ausführlichen Beschreibungen aller andalusischen Provinzen und ihrer touristischen Infrastruktur auch 10 Wanderungen und gibt Hinweise zu Ausflügen nach Marokko.