Dein Kulturreisejournal

Emilia-Romagna: Bologna

Die Stadt der vielen Gesichter

von Annemarie Bischoff

La grassa, („die Fette“), la rossa („die Rote“), la turrita („die Turmreiche“), la dotta („die Gelehrte“). Bereits an den verschiedenen Beinamen ist erkennbar, dass die Hauptstadt der Region Emilia Romagna viele Aspekte besitzt, die sie auszeichnet. Ob gutes Essen, das besondere Stadtbild mit den roten Ziegeldächern und den beiden Geschlechtertürmen, die wahrscheinlich älteste Universität Europas, sowie zahlreiche Kirchen, Kunst und Kultur, italienische Mode – in dieser Stadt ist für jeden Besucher etwas dabei.

Blick vom Torre degli Asinelli
Blick vom Torre degli Asinelli © Szs, CC BY-SA 3.0

Als Verbindung zwischen Norden und Süden, Osten und Westen und wegen ihrer fruchtbaren Landschaft waren Bologna und die Region Emilia Romagna stets äußerst begehrt und umkämpft. Auch heute noch ist die Stadt ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, gelegen in der drittreichsten Region Italiens. Und während die Nicht-Italiener eher in Venetien, der Toskana, der Lombardei oder Rom Urlaub machen, zählt die Emilia Romagna – abseits vom Massentourismus, überteuerten Hotels oder Restaurant – zu den beliebtesten Reisezielen der italienischen Heimattouristen.

Bologna im 11. Jahrhundert
Bologna im 11. Jahrhundert mit unzähligen Geschlechtertürmen
© Wikimedia, Angelo Finelli

Die Höhepunkte
Das Wahrzeichen Bolognas befindet sich im Zentrum des historischen Stadtkerns und ist schon von Weitem zu sehen: die Due Torri. Der Torre degli Asinelli und der Torre Garisenda sind neben wenigen anderen die letzten von etwa 180 Geschlechtertürmen, die im Mittelalter das Stadtbild prägten. Der größte Teil dieser Wehr- und Prestigebauten städtischer Adelsfamilien stürzte im Laufe der Jahrhunderte ein oder wurde im Zuge der Stadterneuerung gesprengt. Auffällig ist die starke Neigung der Due Torri. Die enorme Senkung des Bodens und der Fundamente machte im 14. Jahrhundert den Abbau des oberen Teils des Torre Garisenda notwendig, sodass dieser heute eine Höhe von 48 Metern aufweist. Dagegen stellte der Torre degli Asinelli mit seinen 97,20 Metern eine Zeit lang das höchste Gebäude Europas dar. Über eine Holztreppe mit 498 Stufen gelangt man hinauf zur Turmspitze und kann eine Rundumsicht über die Stadt genießen.

Arkaden an der Via Zamboni
Arkaden an der Via Zamboni © Adriana verolla, CC BY-SA 3.0

Die zweite Besonderheit, die Bologna auszeichnet, sind die Arkadengänge, die sich über mehrere Kilometer durch die Altstadt ziehen und seit 2021 zum Unesco-Welterbe zählen. Sie wurden einst geschaffen, um dem Wohnraummangel in der stetig wachsenden Stadt entgegenzuwirken, denn mit der Überdachung der Straßen konnten oberhalb der Bogengänge weitere Stockwerke angebaut werden, ohne den Verkehr allzu sehr einzuschränken. Heute befinden sich zahlreiche Modeboutiquen, Design-, Buch- und Musikgeschäfte in und um die Arkaden, die somit insbesondere bei schlechtem Wetter zu einem ausgiebigen Einkaufsbummel einladen. Für das leibliche Wohl des Besuchers sorgen die vielen Stände rund um die Piazza Maggiore. Dort lassen sich regional hergestellte und zum Teil weltweit bekannte Produkte erstehen, wie zum Beispiel Schinken aus dem rund 100 km entfernten Parma, Tortellini oder der Aceto balsamico aus Modena, das mit dem Auto in gut 40 Minuten erreichbar ist.

Die Piazza Maggiore, ganz in der Nähe der zwei Türme, bildet den Mittelpunkt Bolognas: Auf diesem Platz finden Konzerte, Veranstaltungen oder Demonstrationen statt und zudem stehen hier einige der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, unter anderem die Basilika San Petronio mit einem imposanten gotischen Innenraum und kostbaren Malereien und Skulpturen in den Seitenkapellen. Neben der Kathedrale befindet sich der von Giovanni di Bologna geschaffene Neptunbrunnen. Gesäumt wird der Platz von mehreren Palästen: dem Palazzo del Podestà, dem Palazzo die Banchi, in dessen Arkaden sich früher die Wechselstuben befanden, dem Palazzo de Re Enzo sowie dem Palazzo Comunale.

Musik in Bologna
Auch Wolfgang Amadeus Mozart, der einen großen Teil seines Lebens mit Reisen verbrachte, hielt sich auf seiner ersten Italienreise im Jahr 1770 für insgesamt drei Monate in Bologna auf. Sein Vater Leopold und er wohnten während dieser Zeit in einer der Villen des Grafen Pallavicini. Das Gebäude hat sich bis heute erhalten und befindet sich in der Via San Felice, 24. Das Ziel der Italienreisen war, den 14-jährigen Mozart in den dort ansässigen Künstler- und Adelskreisen bekannt zu machen, seine Kenntnisse der italienischen Musik zu vertiefen und, im Idealfall, Kompositionsaufträge zu erhalten. In Bologna kam Mozart dem Ziel der internationalen Anerkennung ein Stück näher: Er wurde nach bestandener Prüfung, in der er die Aufgabe erhielt, eine Antiphon vierstimmig zu setzen, in die Accademia Filarmonica aufgenommen, eine Ehre, die eigentlich nur über 20-jährigen Musikern vorbehalten war. Das Gebäude der Akademie ist gut erhalten und kann auch von innen besichtigt werden; darunter vor allem der Raum, in dem Mozart seine Prüfungsklausur schrieb, sowie die angrenzende Bibliothek, in der sich sein Vater Leopold während der Prüfung aufzuhalten hatte.

Museo internazionale della musica
Museo internazionale della musica © Palickap, CC BY-SA 4.0

Für Musikinteressierte lohnt sich auch ein Besuch des Museo internazionale della musica. Dieses ist zusammen mit einer Bibliothek in dem mit vielen Fresken äußerst sehenswerten Palazzo Sanguinetti untergebracht, nur wenige Meter von den Due Torri entfernt. Der größte Teil der dort ausgestellten Sammlung wurde von Giovanni Battista Martini zusammengetragen, einem franziskanischen Mönch, Komponisten und Lehrer des Kontrapunkts, bei dem auch Wolfgang Amadeus Mozart während seines Aufenthalts in Bologna Unterricht erhielt. Zu sehen ist in dem Museum eine Gemäldesammlung von bekannten Musikern, unter anderem mit Porträts von Johann Christian Bach, Christoph Willibald Gluck und Wolfgang Amadeus Mozart. Des Weiteren gibt es eine Ausstellung alter Musikinstrumente und wertvoller historischer Dokumente in Form von Briefen, Verträgen, Partituren, Libretti etc.

Weitere Sehenswürdigkeiten
Doch auch nach diesem bereits umfangreichen Programm ist die Zahl der Sehenswürdigkeiten in Bologna keineswegs erschöpft. Der Palazzo dell’Archiginnasio war zwischen 1563 und 1803 Sitz der Universität Bolognas. In der damaligen Aula Magna im ersten Stock befindet sich heute der Lesesaal der im Palast untergebrachten Stadtbibliothek. Besonders sehenswert ist außerdem der hölzerne Anatomiesaal, der Teatro Anatomico, mit Statuen von Ärzten der Antike.

Lohnenswert ist auch der Besuch weiterer Kirchen der Stadt, wie zum Beispiel der Basilica di San Domenico, in der sich die sterblichen Überreste von Domingo de Guzmán befinden, der hier einen der ersten Konvente des Dominikanerordens gründete. An der Piazza San Stefano befindet sich die gleichnamige Basilika, die eigentlich aus einem Komplex von mehreren Kirchen besteht, deren Ursprünge zum Teil bis auf das 5. Jahrhundert zurückgehen.

Zusätzlich zum bereits genannten Museo della musica befinden sich noch etwa 40 weitere Museen und Galerien in Bologna. In der Stadt der wahrscheinlich ältesten und heute drittgrößten Universität Italiens dürfen natürlich zahlreiche Ausstellungen zu Geschichte und Wissenschaft nicht fehlen. Die meisten davon befinden sich in den Originalräumen des Palazzo Poggi, der seit 1803 zentraler Sitz der Universität war.
Die bedeutende Pinacoteca Nazionale befindet sich in dem Gebäude des ehemaligen Jesuitenkonvents Sant’Ignazio und enthält eine beachtenswerte Sammlung von Werken aus dem 13. bis 18. Jahrhundert.

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