Dein Kulturreisejournal

Nordfrankreich

Gartenkunst in der Picardie

von Friederike Reth

Gartenkunst wird in der Picardie groß geschrieben. Über 70 Parks und Gärten finden sich in der nordfranzösischen Region. Die Auswahl ist enorm: französische und englische Gärten, Schlossanlagen, Gemüsegärten, schwimmende Gärten. Gartenkunst gehört hier zum Savoir-vivre wie der Wein und gutes Essen. Doch nicht nur die Bewohner erfreuen sich daran: Über 500.000 Gäste besuchen jährlich die Region und ihre blühenden Sehenswürdigkeiten.

Nicht nur Gärten und Parks verwandeln sich im Laufe des Jahres in Blumenmeere, hin und wieder auch ein ganzes Dorf. Wie im Falle von Gerberoy. Gerberoy wurde zu einem der schönsten Dörfer Frankreichs gewählt und hat vermutlich mehr Rosenstöcke als Einwohner.
Aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammen die winzigen Fachwerkhäuser, in denen die knapp einhundert Einwohner leben, und an denen sich die Rosen hochranken. Den Maler Henri le Sidaner inspirierten die allgegenwärtigen Blumen 1928 zum Rosenfest. Seither feiert das Dorf jedes Jahr im Juni die „Fête des Roses“. Einheimische wie Besucher schlendern dann durch die engen Gassen, treffen sich in den grünen Jardins de Henri le Sidaner oder wagen auf kleinen Kopfsteinpflasterstraßen den Aufstieg zum Schloss, immer umgeben vom Duft der Rosen.

Fachwerkhaus mit Rosen in Gerberoy
Fachwerkhaus mit Rosen in Gerberoy © PMRMaeyaert, CC BY-SA 4.0

Schlosspark Chantilly
Ein Park, der die Größe Gerberoys um ein vielfaches übertrifft, ist der Schlosspark des Schlosses Chantilly. Ende des 17. Jahrhunderts wurde der Park von André le Nôtre entworfen. Der Architekt, der auch den Garten von Versailles gestaltete, versah den Nordteil des Schlossgartens mit großen Wasserflächen, die den Himmel wiederspiegeln. Das kleine Flüsschen Nonette wurde kanalisiert und fließt als Großer Kanal von Chantilly durch den Garten. Mit 2,5 Kilometern Länge und 60 Metern Breite ist der Kanal imposanter als der im Park von Versailles. Der Schlosspark Chantilly wird aber nicht nur durch große Wasserflächen gestaltet, ebenso große Rasenflächen und weite Sichtachsen prägen das Gelände. Im Laufe der Jahrhunderte kam es zu mehreren Umgestaltungen, unter anderem wurde der Park zu einem englischen Landschaftsgarten und 1775 zu einem idealisierten Bauerndorf umgestaltet. Heute können die verschiedenen Parkteile, der Park français, der englisch-chinesische Park und auch der neueste Parkteil aus dem 19. Jahrhundert besichtigt werden.

Park um das Schloss Chantilly
Der Park um das Schloss Chantilly © Montainer, CC BY-SA 3.0

Schwimmende Gärten bei Amiens
Vor über 2000 Jahren wurden bei Amiens schwimmende Gärten angelegt. Les Hortillonnages genannt, sind sie für Besucher und Einheimische nur mit Booten erreichbar.

Unterwegs zwischen den schwimmenden Gärten
Unterwegs zwischen den schwimmenden Gärten © Vincent Desjardins, CC BY 2.0


Das 300 Hektar große Gebiet ist ehemaliges Sumpfgebiet. Zu Zeiten Cäsars wurde hier Torf gestochen und auf den Märkten in Amiens verkauft. Das heutige Naturschutzgebiet erfreut hauptsächlich Touristen, die auf Booten durch die langen Kanäle schippern, begleitet vom Quaken der zahlreichen Frösche, dem Schnattern der Enten und dem Knattern der Schwäne. Doch auch die Amienser nutzen die Hortillonnages, bauen hier Obst und Gemüse an. Die Erzeugnisse werden später auf dem Markt verkauft oder an Freunde und Bekannte verschenkt. Erdbeeren, Johannisbeeren, Kirschen, Rhabarber und Melonen, aber auch Steckrüben, Artischocken und Brokkoli gedeihen hier. Die Böden sind so fruchtbar, dass bis zu drei Ernten pro Jahr möglich sind. Eine davon wird besonders gefeiert.

Gemüseanbau in den Hortillonnages
Gemüseanbau in den Hortillonnages © Claude Villetaneuse, CC BY-SA 3.0

Jedes Jahr im Juni verwandelt sich das Ufer im Amienser Viertel Saint Leu in ein leuchtend buntes Meer verschiedenster Blumen und Obstsorten. Aus vollbeladenen traditionellen Flachbooten heraus verkaufen die Gärtner, gekleidet in klassische Kostüme, ihre Erzeugnisse. Ein Spektakel für alle Sinne.

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