Dein Kulturreisejournal

Das Museum Ritter

Eine Hommage an das Quadrat

von Hanna Halbritter

Quadratisch. Praktisch. Gut.
Jeder kennt diesen Slogan. Er steht nicht nur für die Schokolade Ritter Sport, sondern gewissermaßen auch für die außergewöhnliche Sammlung von Marli Hoppe-Ritter im hauseigenen Museum in Waldenbuch bei Stuttgart.
Kunst im Quadrat? Das klingt auf den ersten Blick vielleicht beschränkt und langweilig – ist es aber bei Weitem nicht.

Den Grundstein für die Sammlung legte Marli Hoppe-Ritter, die Enkelin des Firmengründers Alfred Ritter, gleich mit einem großen Namen der Kunstgeschichte: Sie erwarb eine Zeichnung von Kasimir Malewitsch aus dem Jahr 1915. Der russische Konstruktivist hatte das Quadrat zu Beginn des 20. Jahrhunderts als revolutionäres Element der Kunst berühmt gemacht.

Eingangshalle des Museum Ritter
Eingangshalle Museum Ritter mit Deckenarbeit von Daniel Buren „Projected Colours“, 2013
© Harald Kother

Das Quadrat in der neueren und zeitgenössichen Kunst wurde zum übergeordneten Thema ihrer Sammlung, deren Schwerpunkt auch aus diesem Grund auf dem fast paradigmatischen Aspekt der abstrakt-geometrischen Kunst dieser Zeit liegt. Vom Konstruktivismus über die DeStijl-Bewegung, die Züricher Konkreten bis hin zur Minimal Art entwickelte sich ein gemeinsamer Nenner. So gibt es eine große Vielfalt von malerischen und plastischen Konzepten zum Quadrat, die mit dem Fokus auf diese geometrische Idealform eine tiefgehende Auseinandersetzung zulässt.

Das Quadrat als Ausgangspunkt oder auch Ziel einer künstlerischen Arbeit bietet überraschende Ergebnisse von mathematischen, spielerischen, ernsthaften, spirituellen, analytischen und auch lustigen Ausdrucksweisen. Es entstehen spannende Verbindungslinien quer durch die Kunstgeschichte. Beispielhaft sind die 1929 entstandene Collage „Kaiser-Friedrich-Quelle“ von Kurt Schwitters, Aurelie Nemours Gemälde „La Nuit de Baudelaires“ von 1973, Victor Vasarelys Op-Art-Werk „Katolar“ aus demselben Jahr oder auch die beleuchtete Wachsskulptur „sunny honey“ von Inge Gutbrod aus dem Jahr 2007.

François Morellet, Les 12 côtés du carré, 2001
François Morellet, Les 12 côtés du carré, 2001
© VG Bild-Kunst, Bonn 2020, Foto: Olaf Nagel


Das außergewöhnliche Museum zeigt sowohl eine kunsthistorische Entwicklung der geometrischen Abstraktion auf, präsentiert aber auch ganz aktuelle Werke, die sich oft neue, unkonventionelle Techniken und Materialien zu eigen machen.

Die Sammlung beinhaltet etwa 700 Gemälde, Objekte, Skulpturen und graphische Arbeiten. Vorwiegend wird im Ritter-Museum geometrisch-abstrakte Kunst präsentiert und gefördert, es gibt jedoch auch Wechselausstellungen, die einen anderen Schwerpunkt haben.

Gregorio Vardanega, Relief lumineux, 1992,
Gregorio Vardanega, Relief lumineux, 1992,
© VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Auch der markante Museumsbau aus hellem Kalkstein greift die quadratische Thematik mit seiner Grundfläche von 44 x 44 Metern auf. Allerdings wird die strenge Würfelform durch den Zweiflügelbau mit einliegender Passage aufgelöst. In dem größeren Flügel ist die Kunstsammlung mit Café und Shop untergebracht. Im gegenüberliegenden Flügel befindet sich das Besucherzentrum der Schokoladen-Fabrik u.a. mit Werksverkauf und einer Ausstellung zum Thema Schokolade.

Außenansicht des Museumsgebäudes
Außenansicht des Museumsgebäudes © Museum Ritter, Fotograf: Stefan Müller

Weitere Informationen: www.museum-ritter.de/

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