Dein Kulturreisejournal

Das Guggenheim-Museum in Bilbao

Architektur wie sie unmöglich scheint

von Julia Marhenke

Starr geradeaus blickend sitzt „Puppy“ da. Wie ein Wächter wirkt der zwölf Meter große Welpe auf dem Museumsplatz. Aber mit Blumen geschmückt, weder knurrend noch kläffend. Geduldig bei jedem Foto. Jeff Koons schuf die Skulptur 1992, die seit der Eröffnung des Guggenheim-Museums ebenso zum Stadtbild Bilbaos gehört wie das futuristische Gebäude.

Puppy Guggenheim Museum
Jeff Koons‘ „Puppy“ aus dem Jahr 1992 ist der farbenfrohe Wächter des Bilbaoer
Guggenheim-Museums © BBCLCD, CC BY-SA 4.0

Ein Museum wie aus einer anderen Welt
Von der einen Seite aus betrachtet wirkt es ein wenig wie ein gestrandetes Schiff. Silbern glänzend liegt es in der Sonne. Erbaut aus Silbertitanplatten, Glas und Kalkstein. Seine kurvenreichen Formen verweisen auf die Umgebung mit dem Fluss Nervión, denn Bilbao ist eine der wichtigsten Hafenstädte Spaniens und blickt auf eine lange Fischereitradition zurück.

Dekonstruktivistisch nennt sich der Baustil, in dem das Guggenheim-Museum erbaut wurde. Das Aufbrechen von Strukturen und ihre Offenlegung ist wesentlicher Bestandteil dieses Stils. Die Instabilität von Strukturen zu zeigen, ohne wirklich instabil zu sein. Denn ein wenig fragt man sich schon, wie das Gebäude, das dort so schief, krumm und voller Windungen steht, statisch möglich ist.

Künstlerischer Architekt
Seit 1997 beweist es allerdings, dass es genau das ist. 2001 erhielt es sogar den „Outstanding Structure Award“ der International Association for Bridge and Structural Engineering. Und nicht nur das Gebäude, auch der Architekt ist preisgekrönt: Frank Gehry, kanadisch-amerikanischer Architekt und Designer, erhielt nicht nur über 25 Preise des American Institute of Architects, den Brunnerpreis und viele weitere, sondern auch den Pritzker Architekturpreis, der den Status eines inoffiziellen Nobelpreises innehat.

Guggenheim-Museum
Das Guggenheim-Museum © MykReeve, CC BY-SA 3.0

Von der Skizze zum Gebäude
Frank Gehrys Gebäude sind anders. Keine starren Konstrukte, sondern mit geometrischen Formen und Materialien spielende Einheiten. Am Anfang eines jeden Werkes stehen ein paar Kritzeleien, bei denen nur schwer vorstellbar ist, dass daraus Häuser, Konzerthallen oder Museen werden sollen.

Seine Arbeit am Modell wirkt ebenfalls fast kindlich. Mit Schere, Papier und Klebestreifen arbeitet er. Es wird ausgeschnitten, geklebt, geändert, zerknüllt und gebogen. Zwischendurch wird umskizziert und am Ende steht tatsächlich ein Modell da, das ein Gebäude werden könnte. Aus welchem Material es gebaut werden soll, entscheidet sich dabei teilweise erst zum Schluss.

Gehrys Großmutter brachte ihn auf die Idee mit dem Bauen. In seiner Kindheit schüttete sie oftmals einen Sack mit Holzklötzen und –resten vor ihm aus und zusammen errichteten sie ganze Städte. Inspiration holt sich der 1929 geborene Architekt dabei von nahezu überall her: Bei der Betrachtung eines Gemäldes und dessen Komposition, beim Blick auf umliegende Strukturen, selbst ein zerknülltes Blatt Papier kann Anregungen für Formen liefern.

Kunst im Guggenheim
Die Großskulpturen „The Matter of Time“ von Richard Serra © Fred Romero, CC BY 2.0

Die Einheit von Kunst und Architektur
Architektur und Kunst sind für ihn unmittelbar miteinander verbunden. Daher orientiert Gehry sich auch eher an Künstlern wie Constantin Brancusi als an anderen Architekten. Dass all seine Gebäude tatsächlich stehen, ist kaum zu glauben, wirken viele von ihnen doch wie ein Ding der Unmöglichkeit. Da wäre zum Beispiel das „Vitra Design Museum“ in Weil am Rhein, das „Tanzende Haus“ in Prag, die „Walt Disney Concert Hall“ in Los Angeles, das „Experience Music Project“ in Seattle oder der „Neue Zollhof“ in Düsseldorf.

Neue Zollhof Düsseldorf
Auch in Deutschland hat Frank Gehry sich verewigt: Hier der „Neue Zollhof“
in Düsseldorf © Fundistephan/ wikimedia

Auch das Bilbaoer Guggenheim-Museum scheint fast wie aus einer anderen Welt, völlig losgelöst von der benachbarten Architektur. Der Innenhof ist von Glasplatten umgeben, sodass viel natürliches Licht in das Museum scheint. Mit dem Glasatrium nimmt Gehry zudem Bezug auf das New Yorker Guggenheim-Museum von Frank Lloyd Wright. Die Rotunde ist von 19 Galerien umgeben und bietet so viel Platz für verschiedenste Ausstellungen.

Sammlung des Bilbaoer Guggenheim-Museums
Die größte der Galerien reicht mit ihren 130 Metern bis unter die Puente de la Salve, die Brücke mit einer der Hauptverkehrsachsen in die Stadt. Im Innern der Galerie befinden sich acht teils begehbare Skulpturen von Richard Serra, die hier dauerhaft ausgestellt werden.

Das Guggenheim-Museum ist Teil der Solomon R. Guggenheim Foundation und zeigt vor allem Moderne und Zeitgenössische Kunst. Zu seiner Sammlung zählen unter anderem Werke von internationalen Künstlern wie Gerhard Richter, Anselm Kiefer, Robert Motherwell, Andy Warhol, James Rosenquist und Jenny Holzer, aber auch spanische Vertreter der Kunst wie beispielsweise Eduardo Chillada und Juan Muñoz.

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