Dein Kulturreisejournal

Wiener Kaffeehauskultur

Kaffeehäuser: Orte der Tradition

von Meike Stegkemper

Runde Marmortische mit weißen Spitzendecken, einfache Sessel oder altbewährte Thonet-Stühle, Holzfußboden und ein schwarz-weiß gekleideter Kellner. Etwa 100 der unzähligen Cafés in Wien bewahren sich den ursprünglichen Charme und die traditionell einfache Einrichtung der klassischen Wiener Kaffeehäuser.

Die Wiener Kaffeehäuser sind ein Ort zum Verweilen. Oftmals verbringen die Gäste bei zahlreichen Kaffeevariationen, einer großen Auswahl an nationalen und internationalen Zeitungen und einem umfangreichen Torten-Sortiment mehrere Stunden in einem Café.

Café Goldegg
Beschauliches Ambiente der 1920er Jahre im Café Goldegg © Ekehnel, CC BY-SA 2.5

Hinzu kommen kleine Gerichte wie Mehlspeisen sowie Klaviermusik. Viele der Kaffeehäuser verfügen zusätzlich über einen Schanigarten: Die Besucher können im Freien vor dem Café sitzen und die Passanten beobachten.

Um die Frage, wie der Kaffee nach Wien kam, ringen sich zahlreiche Mythen und Legenden. Zweifelsfrei gehen die Anfänge des Kaffees in Wien in die Zeit der Türkenbelagerung zurück: Bei ihrem Rückzug im Jahr 1683 hinterließen die Türken den Wienern einen Sack Kaffeebohnen. Das erste Kaffeehaus wurde zwei Jahre später von dem Griechen Johannes Diodato gegründet.

Die Zahl der Kaffeehäuser stieg in den folgenden Jahren und Jahrhunderten rapide an. Um 1900 gab es im ganzen Stadtgebiet Wiens über 600 Kaffeehäuser.

Kunst, Kultur und Kaffee
Die Wiener Kaffeehäuser haben eine lange Tradition, die auch von vielen Künstlern gepflegt wurde. Zu den bekanntesten Kaffeehausbesuchern zählen Wolfgang Amadeus Mozart und Johann Strauß jun.

Von der Jahrhundertwende bis in die 1930er Jahre waren die Cafés ein beliebter Treffpunkt österreichischer Literaten, Schauspieler, Architekten und Musiker. Das Ende des 19. Jahrhunderts und der Anfang des 20. Jahrhunderts gelten als die Glanzzeit der Wiener Kaffeehäuser. In diesen Zeitraum fällt auch die Entstehung eines neuen literarischen Genres – die Kaffeehausliteratur.

Kaiser Fraunz Joseph und Elisabeth (Sisi)
Kaiser Fraunz Joseph und Elisabeth (Sisi) wachen über die Gäste im Café Central
© Matthias Pätzold

Die Künstler und Anhänger der Wiener Moderne diskutierten und wirkten in den Kaffeehäusern. Hierzu zählen die Schriftsteller Arthur Schnitzler, Alfred Polgar, Hugo von Hofmannsthal und Karl Kraus sowie die Musiker Hugo Wolf, Fritz Kreisler und Arnold Schönberg.

In den 1950er Jahren mussten zahlreiche Kaffeehäuser schließen. Beeinflusst durch die zunehmende Verbreitung des Fernsehens veränderte sich das Freizeitverhalten der Menschen und die Gäste blieben aus. Seit den 1990er Jahren erfreut sich die Wiener Kaffeehauskultur aber wieder einer zunehmenden Beliebtheit.

Die schönsten Kaffeehäuser Wiens
Das Griensteidl wurde im Jahr 1847 eröffnet und ist ein ehemaliges Literatencafé. Schriftsteller wie Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler und Karl Kraus kamen im Griensteidl zusammen. Im Jahr 1897 wurde das Gebäude des Cafés am Michaelerplatz abgerissen. In dem neu errichteten Bauwerk wurde 1990 ein neues Café Griensteidl am alten Standort wiedereröffnet. Das Café Griendsteidl befindet sich am Michaelerplatz 2 in 1010 Wien.

Das Café Central befindet sich im Palais Ferstel, einem imposanten Gebäude im Stil der Neorenaissance im Wiener Zentrum. Das Café eröffnete 1868 und erlangte durch den Abriss des Griensteidls Ende des 19. Jahrhunderts seine Berühmtheit, da viele der Stammgäste des Griensteidls fortan ins Café Central gingen. Nach dem zweiten Weltkrieg schloss das Kaffeehaus. Im Jahr 1975 wurde das Palais Ferstel renoviert und das Café Central in der Schalterhalle des ehemaligen Bankgebäudes wiedereröffnet. Das Café Central liegt in der Herrengasse 14, Ecke Herrengasse/ Strauchgasse, 1010 Wien und besticht durch gemütliche Atmosphäre und geschichtsträchtiges Flair.

Café Central
Der Klassiker: das Café Central © Matthias Pätzold

Das Café Sperl wurde im Jahr 1880 eröffnet. Im Jahr 1983 wurde das Kaffeehaus renoviert und die Möblierung originalgetreu restauriert. Das Café Sperl liegt in der Gumpendorfer Straße 11, 1060 Wien. Besonders reizvoll ist die sehr traditionelle Kaffeehausatmosphäre.

Das Café Prückel am Stubenring wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet. Zu dieser Zeit war die Ringstraße die Prachtstraße der Stadt. Das Café Brückel besticht durch eine Originaleinrichtung aus den 1950er Jahren, die liebevoll restauriert wurde. Das lichtdurchflutete Café ist ein beliebter Aufenthaltsort für Gäste allen Alters und liegt im Stubenring 24 in 1010 Wien.

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„Musentempel wie das Burgtheater oder prachtvolle Paläste wie die Hofburg oder Schloss Schönbrunn ziehen das ganze Jahr über scharenweise Touristen aus aller Welt an – Wien hat immer Saison! Dabei sind es nicht nur baulichen Zeugnisse der Vergangenheit, die Wien zu einem Glanzpunkt auf der Karte des europäischen Städtetourismus machen. Seit den 80er Jahren beleben Szenekneipen und Designerrestaurants das gastronomische Angebot der legendären Kaffeehäuser und Heurigen. Neuerdings profiliert sich die Stadt sogar als Aktionsfeld innovativer Architekten und Designer.“